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Experteninterview: Digitalisierung der Pflege

Senior videotelefoniert mit einem Tablet

Inwiefern erleichtern technische Neuheiten die Pflege?

Auf den Fluren professioneller Pflegeeinrichtungen und auch in den Privathaushalten gestalten sich Betreuung und Fürsorge von Angehörigen zunehmend moderner. Obwohl die Rolle der Technik immer größer wird, stehen viele der Digitalisierung in der Pflege oft noch kritisch gegenüber. Zu groß ist die Befürchtung, die Menschlichkeit und das Miteinander blieben künftig auf der Strecke oder die Pflegenden würden gar komplett durch Maschinen ersetzt. Vielleicht fragen Sie sich: “Worin liegt überhaupt der Mehrwert technikgestützter Pflege, was bedeutet das genau und welche Vorteile bringen die Innovationen im Pflege-Alltag ganz konkret mit sich?” — Fragen wie diese beschäftigen nicht nur die professionell Pflegenden, sondern auch die pflegenden Angehörigen im ganzen Land. Daher hat sich Careship diesen Fragen einmal angenommen und gemeinsam mit Carolin Makus, Alterswissenschaftlerin und Fachjournalistin, nach Antworten gesucht.

Careship: Verändern Technisierung und Digitalisierung die Pflege?

Carolin Makus: Durchaus. Aber Pflege, egal ob professionell oder jene durch Angehörige, war schon immer im Wandel. Und dabei spielten seit jeher auch Technologien eine wichtige Rolle. Denken Sie zum Beispiel an elektronische Blutdruckmessgeräte, Treppenlifte oder automatische Schiebetüren. All diese Dinge sind das Produkt früherer Technisierungswellen, gehören heute aber zum hilfreichen Standard in der Pflege und sind aus dem Alltag nur schwer wegzudenken. Ob sich die Pflege also aufgrund neuer Technologien und aufgrund der Digitalisierung verändern wird, steht an sich außer Frage. Unklar und damit offen für Gestaltung ist dagegen, inwiefern wir die neuen Potentiale technischer und digitaler Neuheiten zu nutzen wissen, um uns das Leben und die Pflege leichter zu machen.

Aber was bedeuten Digitalisierung und Technisierung eigentlich?

Digitalisierung kann auf ganz unterschiedliche Weise definiert werden. Ganz generell ist hiermit eine Umwandlung und neuartige Gestaltung von Geräten, Instrumenten und Fahrzeugen hin zur „Computerisierung“ gemeint. Analoge Darstellungen von Informationen werden also digital, und die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine sowie zwischen Maschinen untereinander schneller, universaler und komplexer.

Der Begriff der Technisierung kann synonym verwendet werden. Streng genommen aber beschreibt er nicht exakt denselben Trend, sondern stellt vielmehr Grundlage (aber auch Folge) der Digitalisierung dar. So meint Technisierung den wachsenden Einsatz technischer Hilfsmittel in Vorgängen, die zuvor allein von Menschenhand und menschlicher Geisteskraft bewerkstelligt wurden.

Digitalisierung und Technisierung treiben sich gegenseitig voran. Um neue Computer-Programme zu schreiben, ist ein Computer unabdingbar – gleichzeitig braucht es aktuelle Computer-Programme, um neuartige Computer zu entwickeln. Die beiden Trends bilden sozusagen eine Aufwärtsspirale.

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Careship: Werden Pflegende irgendwann komplett von Maschinen ersetzt?

Carolin Makus: Das ist relativ unwahrscheinlich. Anliegen moderner Pflege ist vielmehr, wieder mehr Zeit für das Zwischenmenschliche zu schaffen, indem ausgewählte Aufgaben an unterstützende Gerätschaften ausgelagert werden. Denn eine gewisse Nachfrage nach Pflege durch echte Menschen wird wohl immer bestehen. Wie ein Praxisalltag aussehen könnte, der durch Roboter unterstützt wird, können Sie sich zum Beispiel in diesen drei Videos ansehen: Roboter für Hol- und Bringdienste, Tierroboter für Personen mit Demenz, Hebe-Hilfen.

Careship: Wofür ist Digitalisierung gut?

Carolin Makus: Digitalisierung eröffnet den Fachkräften im Pflege-Sektor und auch Angehörigen bei der Pflege zu Hause viele Möglichkeiten. Es macht die Betreuung und Fürsorge von Personen leichter, planbarer und resistenter gegenüber Fehlern. Leichter wird es, weil körperlich schwierige Aufgaben an “Pflegeroboter” ausgelagert werden können. Planbarer wird die Arbeit, weil über gesammelte Daten in lückenloser Pflegedokumentation bestimmte Verhaltensmuster und körperliche Reaktionen vorhergesagt werden können. Tablets und simpel bedienbare Programme erleichtern die Pflegedokumentation und erinnern die Pflegenden ggf. an die Einnahme der richtigen Medikamente und das ausreichende Trinken. Resistenter gegenüber Fehlern werden Betreuung und Fürsorge zum Beispiel über Computer-Programme, die die Gesundheitswerte der Pflegebedürftigen “im Blick behalten” und bei Auffälligkeiten rechtzeitig Alarm schlagen.

Als griffiges Beispiel lässt sich hier der Roboter aus der Produktserie “Pepper” nennen. Dieser animiert Bewohner von Pflegeeinrichtungen zum Wassertrinken, spielt Musik für sie und lädt damit zum Singen, Tanzen und sportlichen Übungen ein. In diesem Video bekommen Sie einen guten Eindruck von dem Roboter. — Deutlich wird hier: Service-Roboter sollen in erster Linie die Pflegenden entlasten und für kurzweilige Unterhaltung sorgen. Nach hinten heraus soll zudem mehr Zeit für Zwischenmenschliches bleiben, für geduldige Gespräche, fürs Kartenspielen und vieles mehr.

Careship: Das klingt ja ziemlich komplex. Kannst du noch einmal ganz kurz zusammenfassen, welchen Ansprüchen die Digitalisierung in der Pflege gerecht werden sollte?

Carolin Makus: Aber klar. Technische Assistenz-Roboter, Computer-Programme und Co. erfüllen in der Pflege nur ihren Zweck, wenn dadurch folgende Punkte erreicht werden:

  • Erleichterung von Arbeitsaufgaben, zum Beispiel beim Heben und Transportieren
  • Wahrung oder Erhöhung von Gesundheits- und Sicherheitsstandards, sowohl für Pflegende, als auch für die Gepflegten
  • Förderung des Wohlbefindens während der Betreuung und Pflege
  • Förderung der Weiterentwicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten
  • Verbesserung der Arbeitsorganisation
  • Zeitgewinn, zum Beispiel für mehr/ entspanntere soziale Zuwendung
  • Steigerung der Berufsattraktivität

Careship: Das ist eher relevant für beruflich Pflegende, oder? Erleichtern Digitalisierung und Technisierung denn auch den privaten Pflege-Alltag und vor allem: inwiefern?

Carolin Makus: Der Großteil der Vorteile greift sowohl im privaten Pflege-Alltag, als auch bei der beruflichen Pflege. Wir können gerne mal einen ganz konkreten Aspekt in den Blick nehmen, bei dem deutlich wird, inwiefern Technologien die Pflege jeweils bereichern und weiterentwickeln: Ausgeklügelte Programme zum Beispiel erleichtern das sogenannte “Wissensmanagement” im Team. In der beruflichen Pflege ist das vor allem im Rahmen des Renteneintritts eines Kollegen relevant. Dieser kann bewährte Anleitungen und Herangehensweisen an Probleme in einem digitalen Handbuch verewigen, bevor er die Firma verlässt. Dieses digitale Handbuch kann dann von allen anderen Kollegen zu jeder Zeit an jedem Ort aufgerufen und bearbeitet werden. Auch Familien können diese Programme für den Austausch von Erfahrungen nutzen. So hat jeder stets alle aktualisierten Informationen zur Hand.

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Careship: Was gibt es denn noch so?

Carolin Makus: Eine ganze Menge. Digitalisierung ermöglicht es Pflegenden zum Beispiel, ganz unkompliziert und ortsunabhängig an nützlichen Weiterbildungen teilzunehmen, nämlich über Webinare, moderierte Kurse mit Bild und Ton im Internet also. Jeder kann sich außerdem online in digitalen Selbsthilfegruppen mit Personen austauschen, muss dafür also nicht erst große Strecken zurücklegen, den Pflegebedürftigen zurücklassen und viel Geld in den Fahrtweg und die Schulung investieren.

Auch das Thema “Smart Living” ist seit Jahren in aller Munde. Hierbei erleichtern intelligente Systeme im Haus oder auf Station die tägliche Pflege und ermöglichen es auch, dass so lange wie möglich zu Hause gelebt werden kann. Das können zum Beispiel Sensormatten sein, die Stürze erkennen und im Falle eines Falles direkte Notrufe absenden. Das können aber auch automatisch geregelte Lichtanlagen sein, die die Licht- und Sichtverhältnisse im Raum an das jeweilige Tageslicht anpassen und viele Stürze somit gar nicht erst geschehen lassen.

Die Technik hat zudem auch viele Spiele und Instrumente zur Unterhaltung und zur Aktivierung hervorgebracht. Denken wir nur an alterssensible Spielekonsolen und Spiele zur Förderung von Bewegung und Gedächtnis, wie zum Beispiel die Memore Box oder die Systeme für virtuelle Rehabilitation der Firma SilverFit. Auch die Tische mit Lichtinstallationen zur niedrigschwelligen Unterhaltung für Personen mit Demenz finden mehr und mehr Anklang. Hierbei werden ganz spielerisch emotionale Zugänge geschaffen, für angenehme Gesellschaft gesorgt und die Lebensqualität deutlich gesteigert. Schauen Sie sich hierfür gern einmal das Video der niederländischen Firma Active Cues an: Die Tovertafel.

Der Pool an technischen Innovationen in der Pflege scheint endlos. Wir könnten Stunden füllen, indem wir noch auf die Potentiale von digitalen Arztbesuchen oder auf digitale Tourenplaner für ambulant Pflegende eingehen. Auch die Gerätschaften für die Personenortung zur leichteren Betreuung von Personen mit Demenz bieten reichlich Gesprächsstoff. Aber ich würde sagen, wir setzen an dieser Stelle nun erst einmal den Punkt.

Careship: Die technische Trickkiste ist tatsächlich sehr groß und auch hilfreich. Wie können Angehörige denn an neue Technik herangeführt werden?

Carolin Makus: Grundsätzlich wächst mit wiederholter Nutzung eines technischen Dienstes oder Produkts die positive Einstellung dem Dienst/ dem Produkt gegenüber. Es gibt allerdings einen kleinen Haken. Damit die Rechnung letztlich aufgeht und man auf technische Aufgeschlossenheit trifft, sollte schon der erste Kontakt mit dem neuen technischen Gerät bzw. dem neuen technischen Service positiv sein.

Man hört es ja so oft: Wir Menschen sind Gewohnheitstiere, weil das Ressourcen und Zeit spart. Änderungen brauchen daher sozusagen einen extra “Schubs” und sind zunächst oft unbequem. Deshalb müssen sich Angehörige in der Regel etwas ins Zeug legen, wenn es darum geht, Neues gegenüber den Älteren zu etablieren. Möchten Sie Ihrem Angehörigen also eine hilfreiche App auf dem Handy ans Herz legen, die Funktionen eines Tablets erklären oder Sensormatten ins Haus legen, dann sollten die Erklärungen dafür von Anfang an leicht verständlich und nachvollziehbar sein.

Careship: Das war nun eine ganze Menge an neuen Informationen. Wie ließe sich all das ganz kurz und knapp zusammenfassen?

Carolin Makus: Eine gelungene Integration von Digitalisierung und Technisierung in der Pflege ist dann gegeben, wenn die Pflegenden wieder mehr Zeit für das Zwischenmenschliche haben. Sie ist dann gegeben, wenn möglichst viele Fehler abgewendet werden können, die Arbeit leicht von der Hand geht und für die Sicherheit und das Wohl aller Beteiligten gesorgt ist. Die Akzeptanz neuer Dinge braucht eine gute Informationsbasis und Probierfreude. Die Arbeit der Pflegenden wird idealerweise zunehmend entlastet, aber ist nicht in Gefahr. Denn Pflege ist eine Tätigkeit, bei der Zwischenmenschlichkeit die wichtigste Rolle spielt und wohl auch immer spielen wird.

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